Das Portrait des Monats - diesmal:

Kornfee, ein ganz besonderer Trakehner

Daß Trakehner die vielfältigsten Aufgaben meistern, ist nicht neu. Auch nicht, daß sie vielen Behinderten im Rahmen der Hippotherapie helfen. Die Stute Kornfee hat sich mit Trakehner Charme und einigen besonderen Tricks zum Lebensmittelpunkt ihrer Polyarthritis-kranken Besitzerin Mathilde „Pony" Rossmann gemacht.

Ganz schön verrückt sei sie früher gewesen, berichtet Pony Rossmann, und das hätte sich im Alter auch nicht gegeben. Roßnarrisch, wie man in Bayern sagt, war sie jedenfalls schon von Kindesbeinen an. Schon als Sechzehnjährige ertrotzte sie sich beim Chef der Münchner Polizeireiterstaffel die überhaupt nicht normale Aufenthaltsgenehmigung in den Pferdeställen. Jedes Pferd, das man ihr anbot, ritt die verwegene Münchnerin mit Begeisterung. Da blieb es nicht aus, daß man sie bald als „Münchner Kindl" entdeckte. Acht Jahre lang, von 1957 bis 1964, führte sie zu Pferde den Trachtenzug beim Eröffnungsumzug fürs Oktobertest an.

Für Trakehner hat sie schon immer geschwärmt, auch wenn es bei den eigenen Reitpferden nicht für solch ein Traumpferd reichte. Als sie sich dann endlich ihren Wunsch erfüllen konnte - die lang ersehnte Trakehner Stute -, konnte sie krankheitsbedingt nicht mehr in den Sattel steigen. Dennoch tat das ihrer Liebe zu Kornfee keinen Abbruch, die beiden „Großen Ladys" des Pensionsstalles Pellheim haben eine andere Ebene der Zweisamkeit entdeckt.

Die inzwischen 18jährige schwarze Tochter des Polarwind und der Kornmahd v. Cornelius repräsentiert mit jeder Faser ihres Körpers den wertvollen Stamm der Hauptgestütsstute Kokette über den in Nannhofen intensiv gepflegten Zweig der Klassestute Kornweihe. Ausstrahlung, Rahmen, Größe und Gangwerk machen sie zu einem echten Werbeträger für ihre Rasse. Da nimmt es nicht wunder, daß Mathilde Rossmann sich seinerzeit auf den ersten Blick in die schwarze Schönheit verliebte. Daß sie auch vor den bekannt kritischen Augen von Kornfees Züchterin bestehen konnte, spricht für ihr Horsemanship.

Trotz ihres Sonderstatus ist die Stute beileibe kein reines Hätschelpferd. Unter ihrem Zuchtnamen Kornsaat kam sie in ihrer Geburtsstätte, dem Gestüt Nannhofen der Baroness von Lotzbeck, zunächst zum Zuchteinsatz. Ihre reiterliche Ausbildung hat sie bis zur Dressurklasse L erfahren, in ihrer kurzen Turnierlaufbahn trug sie Veronika Stecker zur Jugendmeisterschaft in Bayerns mitgliederstärkstem Reitverein. Stefan Stecker, Betriebsleiter in Pellheim, ließ der Stute eine grundsolide Fahrausbildung angedeihen. Es gibt nur eine Sache, verrät Pony Rossmann, für die ihr Goldstück wenig Sympathie empfindet: Mit den bunten Stangen eines Parcours kann sie sich überhaupt nicht anfreunden.

Muß sie aber auch nicht, denn ihre Besitzerin hat ein ganz anderes, außergewöhnliches Trainingsprogramm für Kornfee aufgelegt. Daß sie zum Bürsten, Augenauswischen und Ohrenkraulen ihren Kopf brav senkt, ist da schon fast eine Selbstverständlichkeit. Auch Küßchen geben gehört noch zu den einfacheren Lektionen; und wenn man sieht, wie behutsam die Stute ihrer Besitzerin das Leckerli aus dem Mund nimmt, wird deutlich, welch besondere Beziehung die beiden haben. Aber Korntee kann noch viel mehr: Sie kann auf Befehl „müde machen" und gähnt dann so herzhaft, daß es auf jeden Betrachter ansteckend wirkt. Wenn ihr danach ist, verläßt sie auch gern ihre Box und stellt sich ins Solarium - fehlt nur noch, daß sie lernt, die obligate Münze einzuwerfen. Natürlich marschiert sie, wenn die Kunstsonne ausgeht, ebenso selbstverständlich wieder zurück in ihre Box.

All diese Kunststückchen hat Pony Rossmann der Stute ganz allein beigebracht. Stunden verbringt die begeisterte Pferdefrau bei ihrem Liebling. Mit großem Organisationstalent und gutem Draht zu den anderen Einstellern schafft sie es seit nunmehr über sieben Jahren, daß Kornfee täglich bewegt und gearbeitet wird. Dabei hat sie ein gutes Händchen bei der Auswahl der Reiter für ihre Stute. Es spricht sehr für Rittigkeit und Charakter der Polarwind-Tochter, daß sie sich unter den verschiedensten Reitern stets positiv und leistungsbereit präsentiert. Andrea, die „Boxennachbarin" ist selbst eingefleischter Trakehner Fan und reitet Kornfee neben ihrer eigenen Stute Ilwa v. Herzruf regelmäßig. Auch Klaus, Pony Rossmanns hochgeschätzter „Taxidienst", sitzt seit einem Jahr regelmäßig im Sattel der Stute - ihre Sportlichkeit und Eleganz imponieren dem Freizeitreiter ganz besonders.

Freilich hält der fotogene Vierbeiner entsprechend Hof. Eigens für ihre große Fangemeinde wurde das „Cafe zur schönen Kornfee" eröffnet. Auf der „Terrasse" vor ihrem Außenbox-Fenster treffen sich an warmen Tagen der halbe Stall Pellheim und ihre Münchner Freunde zu Plausch und Ratsch mit der Stute und ihrer Besitzerin.

So ist wahrhaftig gut Pferd sein; ganz offensichtlich weiß Kornfee das zu schätzen und dankt es ihrer Besitzerin auf ihre Art. Gern legt die durchaus nicht kleine Stute ihr zum Vertrauensbeweis den Kopf sanft auf die Schultern. Aus den positiven Schwingungen, die sie ihr dabei vermittelt, schöpft Mathilde Rossmann Glück und Kraft.

Die Nannhofener Stute Kornfee (Zuchtname: Kornsaat) und ihre Besitzerin Mathilde Rossmann

Alltag eines vielseitig ausgebildeten Trakehners: Betriebsleiter Stefan Stecker spannt die schwarze Schönheit gern vor die Kutsche, Tochter Veronika trug die Trakehnerin zum Jugend-Dressurmeister-Titel des mitgliederstärksten bayerischen Reitereins



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