Portrait des Monats:

Gemälde: Manfred Busemann

Lafredo - immer gut drauf

Als Martina Hertwig auf der Kutenholzer Auktion ein Pferd kaufte, wollte sie nur freizeitmäßig reiten - dass sie da einen Rohdiamanten erwischt hatte, machte ihr erst ein Reitlehrer klar. Aber dann ging es kometenhaft von Null bis S ...

Sieben Jahre war der schlaksige braune Wallach alt, der da von einem Ausbildungsstall in der Nähe von Bremen angeboten wurde. Hübsch fand sie ihn nicht, und er hatte gerade mal die elementarsten Grundbegriffe des Reitens gelernt. "Der konnte noch nicht mal um die Bahn galoppieren ohne umzuspringen", erinnert sich Hertwig. Aber sie war Freizeitreiterin, suchte seit zwei Jahren nach einem Pferd und hatte weder das Wissen eines Pferdekenners noch das Auge für ein Pferde-Exterieur.

Unplanmäßig kreuzte sie bereits am frühen Vormittag zum Ausprobieren in Kutenholz auf - und ihr rutschte fast das Herz in die Hose, denn es ging zu wie auf einem Rummelplatz. Ihr auserwählter Kandidat bewegte sich da draußen in dem ganzen Tohuwabohu völlig gelassen. Das überzeugte sie - Lafredo wurde ersteigert und zog in einen Pensionsstall nach Schwanewede.

Klar gab es ein paar reiterliche Anfangsprobleme, und obwohl Martina Hertwig nach wie vor nur freizeitmäßig reiten wollte, entschied sie sich spontan, einen im Stall angebotenen Dressurkurs mitzumachen. Kursleiter Walter Kind war zwar ein renommierter Dressurausbilder, der auch schon Pferde an internationale Größen wie Ulla Salzgeber verkaufte, aber er war bekannt dafür, dass er auch sehr guten Anfängerunterricht erteilte. Es fielen ein paar Groschen bei dem angehenden Dream Team, und nach ein paar Kurstagen fragte Kind bloß: "Weißt du eigentlich, was du da für ein Pferd hast?"

Hertwig fuhr fortan regelmäßig zum Unterricht in Kinds Stall, erst einmal die Woche, dann zweimal und schließlich dreimal wöchentlich - Pferd und Reiterin machten riesige Fortschritte. Als sie in Urlaub fuhr, gab sie Lafredo für vier Wochen in Kinds Beritt. Danach brauchte Hertwig einen Crashkurs, um all das nachzuholen, was Lafredo in der Zwischenzeit gelernt hatte. Innerhalb von drei Jahren arbeiteten sich Lafredo und Martina Hertwig vom "Wald-und-Wiesen"-Status bis zur S-Dressur hoch.

"Das war ein ganz schön hartes Programm", meint Hertwig. "Er musste ja nicht nur selbst in kurzer Zeit alles nachholen, was er im Anfang seiner reiterlichen Laufbahn nicht gelernt hatte, sondern er musste es mir ja auch noch beibringen." Nervlich hatte der Wallach mit diesem Programm anscheinend keine Probleme, körperlich auch nicht. Niemals hatte er in der ganzen Zeit, die Hertwig ihn bis jetzt hat, auch nur das kleinste Wehwehchen. "Ich hab ihn letztes Jahr in einer Klinik mal auf Herz und Nieren prüfen lassen", berichtet sie, "die Röntgenbilder sind trotz der harten Arbeit, trotz der Sporterfolge noch immer Ia. Der ist eben so ein typischer, harter Trakehner", meint sie nicht ohne Stolz.

Seit nunmehr drei Jahren bewegen sich die beiden sicher auf S-Niveau. Anfangs ritt das Ehepaar Kind Lafredo noch mit und stellte ihn auch in höheren Dressurprüfungen vor. Der Nannhofener hat Platzierungen bis Intermédiaire, zu Hause geht er sichere Piaffen und Passagen sowie Einerwechsel ("Mit dem kann man auch auf dem Zirkel Einerwechsel reiten", lobt Walter Kind). Seit zweieinhalb Jahren reitet Martina Hertwig ihn allein, 2006 ist die zweite Saison, in der sie ihren Lafredo auf Turnieren in Prüfungen der Klasse S vorstellt. Bis zu einem S-Sieg hat es noch nicht gereicht, aber sie ist eigentlich immer gut platziert.

Natürlich hat sie es als waschechte Amateurin in dem Haifischbecken aus Profis und kapitalen Hengsten nicht eben leicht. Trotz seiner inzwischen sehr ausgeprägten Muskulatur ist Lafredo ja ein eher filigranes Pferd. Zudem verlangt er nach feiner Anlehnung. "Den kann man nicht einfach mal vorne anpacken, der verträgt keinen Druck", sagt Hertwig. "Dann hat er das Maul ständig offen."

Wenn Martina Hertwig von ihrem Lafredo spricht, schwärmt sie eigentlich nur. "Das Geniale an diesem Pferd ist seine Beständigkeit. Ich hab ihn jetzt sechs Jahre, und seit sechs Jahren macht er jeden Tag einen gleich guten Job. Der ist immer gut aufgelegt, ganz egal, ob es heiß oder kalt ist, ob ich Sporen anhabe oder nicht, ob wir in der Halle oder auf dem Platz reiten." Was freilich nicht bedeutet, dass Lafredo nicht auch Marotten hätte. Veränderungen, vor allem lärmende, in seiner ganz privaten Umgebung können den Braunen richtiggehend aus der Fassung bringen. Führanlage, Solarium, Tierärzte in weißen Kitteln, Schermaschinen - an alle diese Dinge muss man Lafredo mit viel Ruhe und Geduld gewöhnen. "Der ist im Solarium mal kerzengrade gestiegen und hat alle Lampen runtergeholt", erinnert sich Hertwig mit Schaudern. Lafredos Variante vom "Lichter austreten" - immerhin war sein Trab zu Beginn recht begrenzt und wurde erst mit der Arbeit wesentlich besser.

Privat ist das erfolgreiche Turnierpferd eine echte Schmusekatze. Er ist ein ganz spezielles Pferd, meint seine Besitzerin, ein Pferd mit viel Charakter. "Das ist nicht everybody's Darling. Den muss man mögen." Gern und oft gönnt sich der Dressurstar ein Nickerchen in der Box, wobei es ihm auch nichts ausmacht, wenn die Kinder dabei um ihn herumwuseln und ihn im Liegen liebkosen.

Die besten Voraussetzungen für weitere sportliche Erfolge hat das Nannhofener Zuchtprodukt: Mit 13 ist Lafredo gerade im besten Mannesalter, kerngesund, hat eine ehrgeizige Reiterin mit einem guten Ausbilder zur Seite. Ganz sicher wird man von diesem Paar auch in Zukunft noch viel Positives hören.

Foto vom August 2005

oben links: Lafredo, wie der Künstler ihn sieht. Das Gemälde von Manfred Busemann entstand nach einer Intermédiaire I im August 2005

Foto vom Juli 2004

Erfolge in Dressurprüfungen bis Klasse S haben der inzwischen 13-jährige Lafredo v. Frescobaldi xx u.d. Laudatio v. Polarwind und seine Reiterin und Besitzerin Martina Hertwig sich erarbeitet

Foto: Beate Langels

Lafredo als junges Pferd in seiner Zuchtstätte, dem Gestüt Nannhofen, bevor er zur reiterlichen Ausbildung in den Norden Deutschlands umzog

Foto vom August 2005

Allen Grund zum Strahlen hat Martina Hertwig, wenn sie mit ihrem Lafredo unterwegs ist. Für eine gute Platzierung reicht es immer ...

Foto: K. Schweiger

Damentrio mit Power: links Lafredos Mutter Laudatio, in der Mitte Lafredos Großmutter Larthi, rechts Lafredos Vollschwester Lebensfreude

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