Nannhofens Stutenfamilien

Gerade in der Trakehnerzucht gilt den Stutenfamilien erhebliche Wertschätzung. Auf der Basis eines konsolidierten mütterlichen Stammes lassen sich züchterische Entscheidungen treffen, eine durchgezüchtete Mutterlinie erlaubt erst nötige Zuchtveränderungen. Im Gestüt Nannhofen wurde von Anfang an großer Wert auf derart durchgezüchtete Mutterlinien gelegt. Stets bemühte Baroness von Lotzbeck sich, die alten Linien und Stutenstämme aus Trakehnen zu erhalten und weiter zu entwickeln - und die großartigen Erfolge ihrer Zuchtstätte beweisen, dass ihr das sehr wohl gelungen ist.

Liebe auf den ersten Blick - so würde man es wohl in Kürze nennen können, wenn jemand auf der Suche nach einem Reitpferd eine junge Stute mit Fohlen bei Fuß und wieder tragend mit nach Hause bringt. Wachau schaffte es mit ihrem Trakehner Charme und ihrer Stutenpersönlichkeit im Handumdrehen, Baroness von Lotzbeck um den Finger zu wickeln, als sie im Verbandsgestüt Schmoel im Holsteinischen durch den Stall ging.
Sie sollte es nicht bedauern! Die Begründerin der Nannhofener Trakehnerzucht brachte in Verbindung mit Pindar xx einen breiten Stamm nobler, trockener Töchter und schenkte mit Waldlicht und Waldhexe zwei überragenden Zuchtstuten das Leben. Wachaus Zweig verhalf dem Stutenstamm ihrer starken, rumpfigen, arbeitstreuen Mutter Wally zu verdienter Blüte. Einen Beschäler wie Waldzauber züchtet man auch nicht alle Tage - er zählte zur Elite der westdeutschen Zucht, und sein leider unfruchtbar gebliebener Dreiviertelbruder Waldklee hätte von Typ, Habitus und Erscheinungsbild einen wahren Hauptbeschäler abgegeben.

Wachau

Foto: privat

Ein lausiges kleines Foto, ein Blick in die Abstammungstafel und die Tatsache, dass die Stute zweijährig noch den Treck aus Ostpreußen mitgemacht hatte, reichten Baroness von Lotzbeck, um Gondel als 15jährige Stute in ihre Zucht einzustellen. Wie alle Pferde, zu denen sie auf Anhieb einen Draht hatte, sollte auch diese Stute sie nicht enttäuschen. Sie schenkte ihr von Pindar xx den harten, springvermögenden Beschäler Goldtopas und die leider zu früh ums Leben gekommene Traumstute Guilletta sowie mit Goldene v. Kobalt eine würdige Nachfolgerin im Gestüt.
Von großer Zuchttreue und Fruchtbarkeit sind die beiden Enkeltöchter Goldmine II und Goldparmäne gewesen, die in schöner Regelmäßigkeit gut verkäufliche Reitpferde lieferten - sie waren so beliebt, dass das Gestüt Ende der achtziger Jahre mit Gefion v. Cornelius eine Stute zurückkaufen musste, damit die Linie in Nannhofen nicht erlischt. Neben dem Hengst Goldtaler (v. Kassio u.d. Goldmünze v. Pindar xx) ist aus diesem Stamm vor allem die Prämien- und Staatsprämienstute Goldpuppe v. Polarwind u.d. Gefion erwähnenswert, die leider 2004 kurz nach der Geburt ihres letzten Fohlens einging.

Gondel

1959 mit Fohlen von Julmond - Foto: privat

Kortina war eine etwas herbe Schönheit mit ausgeprägter Persönlichkeit, und es ist dem legendären alten Züchter Curt Krebs, Schimmelhof, zu verdanken, dass die Stute in der Nannhofener Zucht blieb. Sein Satz: "Wer'n Se schon sehen, die bringt besser als sie selbst ist" sollte sich bewahrheiten, denn die zuverlässig fruchtbare Schimmelstute stellte den sehr schmal gewordenen Zweig ihrer legendären Großmutter Kokette in Westdeutschland von Nannhofen aus wieder auf eine breite Basis. Ihre Töchter Kornweihe und Kortitia (Nannhofen), Kornfee (Hörstein), Konifere (Kanada), Koblenz II (Zeiner) und Kosmea (Dr. Pohl) waren erfolgreiche Zuchtstuten.
Die Liste der Ausstellungserfolge von Kortinas Töchtern und Enkelinnen ist lang, nicht nur einmal zählten vor allem Kornweihe und ihre Töchter sowie Kopeke zu den besten Stuten im Lande. Die gekörten Hengste Koree (v. Cornelius u.d. Kopeke) und Kornfink (v. Cornelius u.d. Kornweihe) gingen bereits kurz nach der Körung nach Kanada - auch das im Gestüt mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen.

Kortina

1967 mit Fohlen Kornweihe - Foto: privat

Aus dem Stamm der Gitta v. Alarich (Krämer-Kittlitz) kam 1960 über die Reitpferdeauktion die damals 5jährige Dunkelfuchsstute Grete ins Gestüt Nannhofen. Nach drei Jahren reiterlichen Dienstes begann Baroness von Lotzbeck mit diesem Juwel zu züchten.
Grete lehrte die Trakehnerwelt das Staunen: Ihre Tochter Griseldis war DLG-Siegerstute, Siegerstute der ersten Trakehner Bundesschau und Mutter der herausragenden Beschäler Grimsel und Gelria, ersterer Reservesieger bei Körung und Leistungsprüfung, letzterer mit voller Anerkennung für Hannover und aktuell Vater der bayerischen ZStE-Siegerin Rominten. Gretes Tochter Grittli führt den Stutenstamm in Nannhofen mit ihren Enkeltöchtern fort.

Grete

Foto: privat

Ein als zuchtuntauglich ausgemustertes Pferd erschuf in Nannhofen den wohl fruchtbarsten und zahlenstärksten Stutenstamm: Libelle kam 1961 als damals 9jährige Stute aus Rantzau nach Nannhofen. Bereits 1963 schenkte sie ihrer ersten von drei erstklassigen Pindar xx-Töchtern das Leben: Libussa, die den Stamm ihrer Mutter in Nannhofen fortführte, während ihre rechten Schwestern Linda V, Lido und Liberté in andere Zuchtstätten gingen.
Libelle, Libussa und ihre Töchter standen bei zahllosen Familien- und Züchtersammlungen in Bayern ganz vorn, die Libussa-Töchter Liuba und Larthi waren hochdekorierte Ausstellungsstuten, Lillemor war Siegerstute der Landesschau 1988, Liebesgabe II und Ladakh zählten zu den Klassenbesten "ihrer" Landesschauen und Lobby war Siegerstute der Zentralen Stuteneintragung.
Der Hengst Leibjäger ging nach mehrjährigen Zuchteinsatz in Westfalen in die USA, der als Reithengst aufgezogene Laertes konnte eine Reihe von schönen Dressurerfolgen erzielen.

Libelle

Foto: privat